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Die Wandelbare Oase – Die Entwicklungsgeschichte des legendären Cafés von Zielona Góra

Foto.Quality in Art by TheSch - Palmenaus

Zielona Góra, eine malerische Stadt im Westen Polens, ist nicht nur für ihre reiche Geschichte bekannt, sondern auch für ihre beispiellose Tradition im Weinbau – eine Tradition, die bis in die Zeit vor 860 Jahren zurückreicht. Im Herzen dieser Geschichte steht das Palmenhaus von Zielona Góra, ein Ort, der die lebendige Vergangenheit der Stadt eng in sich trägt.

In der Nähe von Zielona Góra wurden die ersten Rebstöcke bereits um 1150 gepflanzt, und dieses Ereignis legte den Grundstein für eine Winzerkultur, die bis in die heutige Zeit fortbesteht. Der Park Winny, auch bekannt als Vine Hill, zeugt von diesem Erbe. Dort, wo sich einst Winzerhäuser aneinanderreihten, von denen es mehr als 700 gab, finden wir heute ein pittoreskes Panorama, das die Geschichte der Region widerspiegelt.

Diese Häuser waren einstige Zentren der Weinherstellung, in denen die Ernte, Fässer und Werkzeuge gelagert wurden. Heute sind nur noch wenige dieser historischen Gebäude erhalten, darunter das Gremplerhaus, ein im Jahre 1818 in Winny Wzgórz errichtetes Haus. Das Palmenhaus von Zielona Góra wurde später um dieses historische Gebäude herum gebaut, eine Hommage an die florierende Industrie der Stadt.

Einen bedeutenden Meilenstein in der Weinproduktion setze August Grempler, der 1826 mit zwei Partnern die erste Sektfabrik in Deutschland gründete. Interessanterweise wurde der Sekt zu Beginn aus Äpfeln hergestellt, doch es dauerte nicht lange, bis die Umstellung auf Trauben erfolgte. Es war ein Schritt, der Gremplers Fabrik zur größten und berühmtesten Weinkellerei der Stadt machte. In den 1920er Jahren produzierte die Firma, die etwa 50 Mitarbeiter beschäftigte, jährlich durchschnittlich 250.000 Flaschen Sekt. Im Laufe der Jahre stieg diese Zahl sogar auf 800.000 Flaschen Ende der 1930er Jahre.

Die Feiern zur 700- und 750-Jahr-Feier in den Jahren 1850 und 1900 zeugen von der tiefen Verwurzelung der Weinproduktion in der Kultur und Gemeinschaft von Zielona Góra. Sie illustrieren das Stolzgefühl einer Region, deren Identität untrennbar mit dem Weinbau verbunden ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Sektproduktion unter schwierigen Bedingungen fortgeführt, bis die Rohstoffe, die Grempler angesammelt hatte, schließlich erschöpft waren. Doch auch nach dem Ende der Sektproduktion bleibt die Geschichte von Gremplers Unternehmertum, seinem Einfluss und seinem Erbe lebendig.

Am 13. September 1945 vollzog sich ein Wendepunkt in der Geschichte des Weinguts Winny Wzgórza: Grzegorz Zarugiewicz übernahm das Ruder. Eine prägende Gestalt, die in der Nachkriegszeit die Weinbaulandschaft von Zielona Góra entscheidend mitgeformt hat. Er war nicht nur ein Visionär des Weinbaus, sondern auch ein gefragter Pädagoge und von 1946 bis 1954 technischer Direktor der Lubuska Wytwórnia Win, des einstigen Weinguts Grempler, der damaligen Weinelite.

Unter seiner Ägide wurde das Weingut Winny Wzgórza, das eng mit der Dynamik und dem kulturellen Erwachen der Region verknüpft ist, revitalisiert. Zarugiewicz nahm sich dabei der zugehörigen Plantagen an, um die Tradierung des Weinanbaus sicherzustellen. Als Mitbegründer der Fachoberschule für Obst und Wein in Zielona Góra hatte er das Ziel, sein weitreichendes Wissen an junge Lehrlinge weiterzugeben und damit den Grundstein für künftige Generationen von Winzern zu legen.

In Anerkennung seiner Beiträge zur Förderung und Entwicklung des Weinbaus ist seit 1993 die Straße neben dem Palmenhaus nach Grzegorz Zarugiewicz benannt. Das Weingut, inzwischen ein Wahrzeichen und Veranstaltungsort, hat über die Jahre mehrere Wandlungen erlebt. Die heutige, fünfte Version des Palmenhauses steht sowohl für beständige Erneuerung als auch für die unerschütterliche Verbundenheit mit der Region.

August Grempler, der Gründer des ursprünglichen Weinguts, hätte sich im 19. Jahrhundert kaum träumen lassen, dass sein Anwesen eines Tages von exotischen Palmen umgeben sein würde. Erst 1961, nachdem die Liegenschaft in den Besitz eines städtischen Grünpflegebetriebs übergegangen war und als beliebter Club für die städtischen Angestellten genutzt wurde, entschied man sich, auf der Rückseite des Gebäudes ein kleines Gewächshaus zu errichten. Der Bau, der durch das Engagement sämtlicher städtischer Unternehmen ermöglicht wurde, zeichnete sich von Beginn an durch seine Einzigartigkeit aus.

Das erste Palmenhaus war zwar nur so breit wie ein altes Backsteinhaus und seine Fläche beschränkte sich auf bescheidene 220 Quadratmeter, aber es war der Beginn einer neuen Ära. Am 1. Mai 1961 öffnete das Café seine Pforten und bot den Winzern neben Palmen auch Platz für Fässer und Werkzeuge.

Das Café avancierte rasch zum berühmtesten Kaffeehaus der Stadt – ein Ort, der mit seiner einladenden Atmosphäre sogleich die Herzen der Menschen eroberte. Doch die anfängliche Begeisterung offenbarte bald eine problematische Begrenzung: Das Gebäude war schlichtweg zu klein für den anstürmenden Andrang.

Im Jahre 1964 erfolgte die Antwort auf das Raumproblem mit einem ambitionierten Plan: Ein Gebäudeanbau sollte auf der Seite der Podgórna-Straße realisiert werden. Der Sommer sah die Verstärkung der Gewächshauskonstruktion und die Expansion des Tanzsaals. Unternehmerischer Weitblick kombiniert mit architektonischem Geschick führte im Herbst zur Errichtung eines 40 mal 12 Meter messenden Glashauses, das nicht nur neue Kapazität bieten, sondern auch mit dem ersten und einzigen Springbrunnen der Stadt locken sollte.

Die grenzenlose Kreativität manifestierte sich in einem Saal, der in seinen Dimensionen das erste Gewächshaus bei Weitem in den Schatten stellte. Die Anzahl der Plätze stieg; die Gäste konnten fortan in einem großzügigen und luftigen Ambiente Kontakte knüpfen, Kaffee genießen und tanzen. Doch der Erfolg gebot nachhaltiges Wachstum. Die zwei Säle konnten bald den Wünschen nach ausgelassenen Tanzabenden nicht mehr gerecht werden – die kleine Tanzfläche ließ nur eine begrenzte Anzahl von Paaren zu.

Entschieden wurde, das Café abermals zu erweitern, diesmal auf der anderen Seite des ältesten Gewächshauses. Im Herbst 1967 begann man mit der Errichtung einer neuen Stahlkonstruktion an der Lwowska-Straße. Nur wenige Monate später, im Januar 1968, wurde das Richtfest gefeiert, und man wartete lediglich auf die Gunst des Wetters, um mit der Verglasung fortzufahren.

Der Sommer des Jahres 1968 sollte schließlich das Werk vollenden. Es ist erwähnenswert, dass fast die Hälfte der Bauarbeiten durch den Einsatz freiwilliger Helfer bewältigt wurde, eine Demonstration von Gemeinsinn und Zusammenhalt. Mit dem neuen, geräumigen Tanzsaal und den zusätzlichen Küchenbereichen konnten endlich auch kulinarische Genüsse angeboten werden.

Ein belangvoller Aspekt des Projekts war der Erhalt der wertvollen Pflanzen, weshalb der Abriss des verfallenden Gebäudes keine Option darstellte. Die Alternative: Ein neues Strukturgewebe, das das alte Gwerchhaus umhüllen sollte. Externe Säulen und ein neues Dach kamen hinzu, ohne dass schweres Gerät zum Einsatz kam, da Kräne keinen Zugang mehr fanden.

Erst als das neue Gerüst standhaft und verglast war, konnte die alte Struktur sorgfältig demontiert werden – eine Leistung, die ohne Kräne geschah und z.T. von Soldaten der Czerwieńsker Einheit unterstützt wurde. Am Ende entstand ein Café mit 150 Sitzplätzen, dessen Layout und Farbgestaltung den künstlerischen Handstrich von Witold Nowicki trugen.

Die Einweihung der neuen Lokalitäten zur Weinlese 1985 war nicht nur ein Fest für die Bewohner Zielona Góras, sondern eine Hommage an den unerschütterlichen gemeinschaftlichen Geist, der das Café von seinem bescheidenen Anfang bis zum berühmtesten Treffpunkt der Stadt trug.

Das Palmenhaus ist heute nicht mehr wiederzuerkennen. Vor allem wegen der Dattelpalme, die teilweise über das Dach ragte, wurde 2006 ein ambitioniertes Projekt begonnen: Die Erweiterung und Modernisierung des historischen Bauwerks. Doch was steckt hinter dieser monumentalen Veränderung?

In den frühen 2000er Jahren sah sich das Palmenhaus mit einem zufriedenstellenden, sowie herausfordernden Problem konfrontiert: Die üppige Vegetation, insbesondere die kanarische Dattelpalme – nach verschiedenen Quellen die höchste ihrer Art in Europa – überschritt die kapazitativen Grenzen der alten Halle. Die Lösung? Ein neues Gebäude, das über den bestehenden Strukturen errichtet wurde, um den wachsenden Pflanzen gerecht zu werden. Genau wie vor 20 Jahren wurde das Palmenhaus damit erneut einem Wandel unterzogen.

Die Bauarbeiten, die 2006 begannen, folgten einem straffen Zeitplan. Mit innovativen Methoden, zu denen das Schützen der Pflanzen mit Folie und der Einsatz von Heizsystemen gehörten, konnte die Arbeit reibungslos und schneller als erwartet abgeschlossen werden. Im Juni 2008 erstrahlte das neue Palmenhaus in voller Pracht und bot seinen Besuchern fortan eine umfangreiche botanische Vielfalt auf großzügigen Aussichtsterrassen.

Das neue Palmenhaus ist ein architektonisches Meisterwerk, das sich deutlich von seiner Version vor 50 Jahren abhebt. Neben der funktionellen Erweiterung wurde auch der Zugang zum Gebäude optimiert: Der Haupteingang wurde auf die Zarugiewicza-Straße verlegt, wo Besucher nun von einem beeindruckenden Brunnen aus schwarzem Granit – geformt wie eine schwebende Kugel mit eingravierter Weltkarte – empfangen werden.

Das Palmenhaus ist nicht nur eine grüne Oase, sondern ein Ort sozialer Interaktion. Ein kreisförmiger Platz nahe des Eingangs lädt mit einem Restaurant und einem Café zum Verweilen ein. Hier kann man speisen, trinken und zu bestimmten Anlässen tanzen, während man die umgebende Natur aus der Vogelperspektive bewundert.

Im Inneren wurden die botanischen Sammlungen deutlich erweitert: Rund 150 Arten von Pflanzen, Sträuchern und Bäumen aus äquatorialen und tropischen Zonen können nun in dem vergrößerten Volumen des Gebäudes frei wachsen. Ergänzt wird dies durch Zwischengeschosse, Galerien, und ein neues, viel größeres Aquarium.

Aber auch das Element Wasser spielt eine tragende Rolle: Neben einem beleuchteten Wasserfall gibt es einen Bachlauf, der sich durch die Eingangshalle zieht, sowie im rechten Teil des Gebäudes einen Wasserfall, der kaskadenförmig aus dem Konferenzraum in das Foyer fließt.

Für Panoramablicke sorgt die Aussichtsterrasse unter der Glaskuppel, die ein halbes Stockwerk höher liegt und den Besuchern atemberaubende Ausblicke über die Stadt bietet. Doch auch die Unterwasserwelt kommt nicht zu kurz: Sieben Aquarien, darunter ein 10.000 Liter fassendes Exemplar, beheimaten Katzenhaie, Kurznasenstöre, afrikanische Welse und viele andere.

Die Modernisierung des Palmenhauses ist ein Beispiel für gelungene urbane Entwicklungsarbeit, die die Bedürfnisse der Vegetation, Besuchererfahrung und kulturelle Veranstaltungen in Einklang bringt. Mit seiner überwältigenden Flora, den innovativen Wasser-Features und dem breiten Angebot für Besucher aller Altersklassen steht das Palmenhaus als ein Symbol für eine lebendige Verbindung von Natur und Kultur in unserer modernen Gesellschaft.