In der ruhigen Provinz Lebus, verborgen in der üppig grünen Landschaft nahe der Stadt Zielona Góra in Polen, liegt das malerische Schloss Zatonie.Umgeben von üppigen Wäldern und sanften Hügeln, erhebt sich ein architektonisches Meisterwerk – das Schloss Günthersdorf, im Polnischen als Pałac w Zatoniu bekannt. Dieses majestätische Schloss blickt auf eine reiche Geschichte zurück, die viele Kunst- und Geschichtsinteressierte begeistert.
Bereits im frühen 14. Jahrhundert erwähnt, ist das Dorf Zatonie, im Deutschen als Günthersdorf bekannt, ein Ort, der Zeuge einer wechselvollen Geschichte voller Adelsdynastien, Kriege und Kunst war. Zatonie befand sich bis zum Jahre 1555 im Besitz der Familie von Kittlitz, die in der Lausitz und darüber hinaus einen namhaften Stand innehatte.
Die Kittlitz, ein Geschlecht voller Würde und Stolz, prägten das Dorf über ein gutes halbes Jahrhundert. Doch die Mitte des 17. Jahrhunderts brachte Veränderungen mit sich. Das Gut wurde zwischen den Familien Kittlitz und Knobelsdorff aufgeteilt, zwei bedeutenden Namen in der damaligen Gesellschaft.
Es war Baltazar von Unruh, der das Fragmentierte wieder zusammenfügte. Mit kräftiger Hand und klarem Visionärssinn vereinigte er das Gut und legte damit den Grundstein für eine neue Ära in Zatonie. Er verstand es, eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft zu schlagen und errichtete zwischen 1685 und 1689 den ersten Adelssitz, der das Dorf fortan prägen sollte.
Das barocke Herrenhaus von Zatonie spiegelte den Reichtum und Geschmack seiner Epoche wider. Das zweistöckige Gebäude wurde auf einem rechteckigen Grundriss errichtet und durch ein weites Walmdach mit Vorsprüngen gekrönt. Ein steinernes Portal an der Vorderseite, geschlossen durch einen prachtvollen Rundbogen, empfing die Besucher und unterstrich die Eleganz des Adelssitzes. Architektonische Parallelen zum Herrenhaus in Ober-Ochla, erbaut von Otto Friedrich von Unruh, waren unverkennbar und zeugten von der Handwerkskunst und dem künstlerischen Einfluss der Familie von Unruh.
Mit dem Tod Johann Friedrichs, des letzten Unruhs der katonischen Linie, schlug das Schicksal von Zatonie im Jahr 1757 ein neues Kapitel auf. Das Gut ging in die Hände von Gottlieb von Scopp über. Doch eine weitere Wendung sollte bald folgen, denn 1771 erwarb die Gräfin von Cosel, die Witwe Friedrich Augusts, Zatonie.
Nach dem Tod der Gräfin 1784 wurde Zatonie von ihrem Sohn Gustav Ernest geerbt, dessen ausschweifender Lebensstil jedoch das Gut in Turbulenzen stürzte. Nur fünf Jahre später sah sich Gustav gezwungen, das Gut an Johnston von Krögeborn zu verkaufen.
Die Jahre danach waren von einem raschen Besitzerwechsel gekennzeichnet. 1791 ging das Gut zunächst an die Familie von Ramin, dann zum Grafen von Prittwitz und schlussendlich im Jahr 1794 an Graf Melchior Julius von Schweinitz, ein weiterer Beweis für die hohe Attraktivität von Zatonie.
m Jahre 1809 war es Peter Biron, der das stattliche Anwesen Zaton erwarb und es als Mitgift für seine jüngste Tochter Dorothy Biron bestimmte, die mit Maurice Talleyrand-Périgord verheiratet war und später als Herzogin von Dino bekannt wurde. Nach ihrer Rückkehr aus Frankreich im Jahre 1840 lebte Prinzessin Dorothy bis 1844 auf Zaton, ehe sie in den Besitz des Herzogtums Zagan kam. Es war ihre Initiative, die 1842 zur Rekonstruktion des Zatoner Herrenhauses führte und es zu einem klassizistischen Palais umgestaltete.
Zur damaligen Zeit wurden auch eine Orangerie und ein Gewächshaus errichtet und ein Landschaftspark angelegt. Der Umbau des Herrenhauses wird mit dem Namen K.F. Schinkel in Verbindung gebracht. Die ursprünglichen, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Umfassungsmauern des früheren Herrenhauses wurden erhalten und um eine dritte Etage in Form eines Mezzanins erhöht. Das Walmdach wurde durch ein Flachdach mit Attika ersetzt, das das Wappen der Talleyrands trug und an den Ecken jeweils mit vier Vasen geschmückt war. Mittig in der Frontfassade befand sich ein vier Säulen tragender Portikus in dorischer Ordnung, ein analoger zierte die Rückseite des Gebäudes. Die Fassaden erhielten eine zurückhaltende Dekoration, vor allem durch Rustikation.
Nach dem Tod der Herzogin Dorothea im Jahre 1862 erbte ihr Sohn Alexander Edmund Marquis de Talleyrand-Périgord ihren Besitz, einschließlich des Zaton-Anwesens. Auf seine Initiative hin wurden einige Veränderungen an der Umgebung des Palastes vorgenommen: Anstelle der verglasten Orangerie wurde ein neoklassizistisches Gebäude nach Entwurf von A. Jakel errichtet, und auf der Westseite entstand ein Torhaus, das heute nicht mehr existiert.
Die Geschichte des Zaton-Anwesens ist eine Mischung aus Adelskultur und Architekturgeschichte, die bis heute sichtbare Spuren hinterlassen hat. Mit ihrer Entscheidung, das Herrenhaus in ein Palais umzuwandeln, hat Prinzessin Dorothy der Nachwelt ein Zeugnis ihres Geschmacks und ihrer Liebe zur Kunst hinterlassen. Das Anwesen Zaton bildet somit ein markantes Kapitel in der Geschichte des europäischen Adels und dessen reicher architektonischer Tradition.
Im Jahr 1879 verkaufte der Herzog das Gut Zatonie an den Minister Karol Rudolf von Friedenthal, ein bedeutendes Ereignis, das den Beginn einer neuen Ära für das damals prächtige Anwesen markierte. Das Schloss, welches einst von adligen Familien bewohnt und als herrschaftlicher Wohnsitz genutzt wurde, fand seinen Weg in die Hände von Minister Karol Rudolf von Friedenthal. Sein Interesse an Kultur und Architektur ließ das Anwesen in neuem Glanz erstrahlen, und die regelmäßig stattfindenden Soireen und Feste waren ein wahrer Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben der Region.
Der Rhythmus der Zeit hinterließ seine Spuren und mit dem Tod von Friedenthal ging der Besitz in die Hände seiner Tochter Renata Baronin von Lancken-Wakenitz über. Die Baronin, eine Persönlichkeit von besonderem Geschmack und Elan, führte das kulturelle Erbe ihres Vaters fort und ließ das Anwesen bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in vollem Glanz erhalten.
Doch die Idylle sollte nicht ewig währen. Mit dem Krieg kam das Unausweichliche: Im Jahre 1945 erlebte das Schloss Zatonie seine wohl dunkelsten Stunden. Sowjetische Truppen nahmen das Gut ein, und in den Wirren der Nachkriegszeit wurden das Schloss sowie die prachtvolle Orangerie niedergebrannt. Ein Akt der Zerstörung, der unumkehrbar das Antlitz des geschichtsträchtigen Ortes für immer veränderte.
Seit jenem verhängnisvollen Jahr verharrt das einst so stolze Schloss Zatonie in einem baufälligen Zustand. Die einstigen Säle, die mit ihrem Lachen und Festen die Gemäuer erfüllten, sind nun nur noch Kulisse für die Geräusche des Verfalls. Der Wind zieht durch zerstörte Fensterhöhlen, und an Stelle von musikalischen Klängen bestimmen nun knarrende Dielen und das Geräusch von herabfallenden Steinen die Atmosphäre.
Der Niedergang des Schlosses Zatonie ist symptomatisch für viele Adelssitze, welche durch die Wirren der Geschichte heimgesucht wurden. Sie stehen als Mahnmale einer vergangenen Epoche, Zeugen eines Glanzes, der durch menschliches Handeln zerstört wurde.
Es wirft jedoch auch Fragen auf: Was wird aus diesen Denkmälern der Geschichte? Sind sie dazu verdammt, zu verfallen und in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, oder gibt es eine Chance auf Rettung und Restauration, um sie für zukünftige Generationen zu erhalten? Initiativen zum Erhalt solcher Kulturgüter sind immer wieder Gesprächsstoff in den Medien und in den Fokus der Kulturerbe-Behörden gerückt.
Das Schloss Zatonie mag heute eine Ruine sein, doch in seinen Mauern und den Überresten seines Gartens liegt immer noch die Geschichte von Generationen verborgen, die es verdient, erzählt zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass irgendwann Mittel und Wege gefunden werden, um diesen Ort zu bewahren und ihm vielleicht ein Stück seiner ehemaligen Pracht zurückzugeben. Bis dahin bleibt das Schloss ein stummer Zeuge einer längst vergangenen Zeit, ein Monument, das sowohl unsere Neugier als auch unseren Respekt verdient.